Heute Morgen habe ich im Vorbeilaufen nach einem Buch von Erich Fromm “Leben zwischen Haben und Sein” gegriffen und im Zug folgende Zeilen gelesen:
“Sein als psychische Produktivität
[…] Die produktive Orientierung der Persönlichkeit entspricht einer Grundhaltung, einer bestimmten Art des Bezogenseins in allen Bereichen menschlicher Erfahrung. Sie umfasst körperliche, geistig-seelische, emotionale und sensorische Reaktionen auf andere, auf sich selbst und auf die Welt der Dinge. […] Man kann die Produktivität auch so beschreiben, dass der produktive Mensch alles, was er anrührt, belebt. Ich sage “beschreiben”, denn wie jede andere Erfahrung lässt sich auch diese nicht definieren, sondern nur auf eine Weise beschreiben, dass andere, die die gleiche Erfahrung gemacht haben, wissen, was gemeint ist. Der produktive Mensch beseelt alles in seiner Umgebung.”
Im Gegensatz zur herkömmlichen Idee des Produzierens meint Fromm also einen Seinsmodus, ein Bezogensein. Und in diesem Bezogensein schon belebt der Mensch die Welt. Und was dieses Beleben meint, kann eben nicht definiert, sondern nur erfahren und beschrieben werden. Und wer dieselbe Erfahrung nicht gemacht hat, weiss auch mit der Beschreibung davon nur begrenzt etwas anzufangen.
Wenn ich also im Yoga dazu einlade, sich auf diese oder jene Erfahrung einzulassen, dann meine ich jenes Überschreiten des Bekannten, das Fromm anspricht. Sich in unbekanntes Terrain wagen, sich begegnen und antworten, dafür möchte ich Interesse wecken. Den eigenen Körper beseelen und Sorge tragen. Zum Ich werden und gleichzeitig zum Du. Durch ruhige und klare Präsenz die Welt beleben.
Nicht das produktive Aneignen einer Technik, das Ausführen einer Bewegung oder das Halten einer Körperstellung möchte ich fördern, sondern die produktive Erfahrung, die uns belebt und verbindet